DEN ROTEN FADEN FINDEN: ERZÄHLKOMPETENZ RICHTIG FÖRDERN

DEN ROTEN FADEN FINDEN: ERZÄHLKOMPETENZ RICHTIG FÖRDERN

Die mündliche Kommunikation nimmt einen hohen Stellenwert im Alltagsleben eines Grundschulkindes ein. Nach der Einschulung dient sie nicht mehr alleine dem Zweck, Erlebtes aus der eigenen Umgebung wiederzugeben. Sie stellt auch einen bedeutsamen Faktor im Unterricht und bei der Kommunikation mit Lehrern und Mitschülern dar. Die Erzählkompetenz von Kindern mit Legasthenie weist jedoch häufig Auffälligkeiten auf.

Entwicklung der Erzählkompetenz

Die Erzählkompetenz eines Kindes entwickelt sich immer stufenweise. Während Kinder im Alter von etwa 3 Jahren zunächst sprunghaft und bruchstückhaft erzählen, können Kinder mit 4 bis 5 Jahren bereits einem roten Faden folgen. Sie orientieren sich bei ihren Erzählungen meist an erwachsenen Vorbildern und ahmen diese nach. Mit dem Schuleintritt ist eine elementare Erzählkompetenz erreicht. Während der Grundschulzeit verbessert sich die Erzählqualität stetig und die Kinder sind in der Lage, zunehmend flexibel und hörerorientiert zu erzählen.

Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung

Kinder mit einer Legasthenie oder einer sonstigen Sprachentwicklungsstörung unterscheiden sich von Kindern ohne Sprachauffälligkeiten. Ihnen fällt es schwerer, Geschichten in ein Thema einzubinden und dieses für den Hörer verständlich wiederzugeben. Auch auf der Satzebene erkennt man Unterschiede. Während Kinder ohne Sprachauffälligkeiten die einzelnen Textelemente sinnvoll miteinander verbinden, finden sich bei Kindern mit Legasthenie Auffälligkeiten, die auf ein geringeres Maß an Erzählkompetenz hinweisen. So verwenden sie beispielsweise weniger Pronomen (z. B. er, sie, es), um eine bereits bekannte Figur erneut aufzugreifen. Generell weisen die Sätze von Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen mehr grammatikalische Fehler auf und sind weniger komplex. Diese Erkenntnisse können auch bei der Diagnostik einer Legasthenie eine Rolle spielen.

Selbst Erwachsene haben oft noch Probleme, eine Geschichte so zu erzählen, dass sie das Wichtigste zusammenfasst und gleichzeitig spannend und unterhaltsam ist. Bereits in der Grundschule werden die Weichen für die spätere Erzählkompetenz gelegt. Ein wichtiger Faktor beim Erzählen einer Geschichte ist der eigene Wortschatz.

Dies wird deutlich, wenn man die einzelnen Wörter als Bausteine sieht, die später zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Je mehr Bausteine zur Verfügung stehen, desto größer und schöner wird das Gebäude. Die Grammatik dient dabei als Mörtel, der die einzelnen Bausteine zusammenhält. Doch erst bunte Vorhänge, Blumenkästen oder Fensterfronten verleihen einem Haus die persönliche Note. Mit einer Geschichte ist es nicht anders. Mittels Metaphern, Lautmalereien oder bildhaften Adjektiven beginnt die Erzählung zu leben.

Auch die persönliche Haltung zum Geschehen und Emotionen des Sprechers sind ein wichtiger Bestandteil einer lebhaften und hörerorientierten Erzählung. Hinzu kommen Elemente wie Stimmfarbe, Mimik und Gestik oder auch das Aufrechterhalten eines Spannungsbogens und der Abschluss durch eine Pointe.

Die Erzählkompetenz gilt sowohl im Alltag als auch im Berufsleben als Basisqualifikation. Daher sollte sie bereits in der Grundschule Bestandteil des Deutschunterrichts sein und entsprechend gefördert werden. Auch Kinder mit Legasthenie können von einer solchen Förderung profitieren. Ein Erzählkreis, der jeden Montag stattfindet, fördert die Erzählkompetenz abseits des regulären Unterrichts. Hier könnten die Schüler ihre Erlebnisse des Wochenendes in einer angenehmen Atmosphäre berichten. Weitere Möglichkeiten, die in den Unterricht integriert oder zu Hause trainiert werden können, sind das Nacherzählen von Bildergeschichten oder das Erfinden eigener Phantasiegeschichten.

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